TexturenGeschichte
Johann Christian Günther: Auf Herrn D. Christian Adam Gorns Zurückkunft aus Leipzig 1718
[in: Johann Christian Günther: J. C. Günthers Gedichte, 6., verbesserte und geänderte Aufl., Breslau/Leipzig 1764, Anhang S. 40-49.]
Dî mihi dent tecum, Juvenis lectissime, longum
Vivere, & insulsos spernere Grammaticos.
Ihr Mütter, seyd nur gut! wenn gleich mein Kiel gesteht,
Wie oft es mir und ihm nach Weiberweise geht,
Die, wenn sie durch die Nacht das erstemal gebähren,
Den Mann mit samt der Lust vor Weh und Angst verschwören;
Und doch, so bald sie nur die liebe Bürde sehn,
Von Stund an ihrem Schatz ein fettes Mäulchen drehn,
Den unbedachten Eyd in süsse Kannen stürzen,
Und ihrer Brunst zu Trost die Wochenzeit verkürzen.
Diß weiß Calliope; bald zwick ich ihr das Knie,
Bald freß ich sie aus Lust, und bald verstoß ich sie
Mit Haß und Ungeduld und gar so harten Flüchen,
Daß Reime, Sylb und Fuß aus Furcht in Winkel kriechen,
Zum Hübner klagen gehn. Man siedet kaum ein Ey,
So sind wir wieder gut; da küß' ich sie aufs neu,
Da sitz und fang ich dann so eifrig an zu schmieden,
Als irgend Mazarin am Pyrenäerfrieden.
So wechseln Lieb und Haß bey nah ins sechste Jahr,
Seit dem mein freyer Sinn der kargen Musenschar
Um Neukirchs Flöthe buhlt, und doch geduldig leidet,
Daß Phöbus mir davor ein Pfennigpfeifgen schneidet,
Womit ich, giebt mir gleich kein grosser Hof Gehör,
In Thälern lustig bin, und kann ich ja nicht mehr,
Mein Herz zum wenigsten in Noth und Gram erfrische,
Ja oft, nachdem es kommt, die dumme Welt verzische.
Und so, es ist wohl wahr, ergetz ich Ohr und Brust
An tiefer Wissenschaft mit unschuldsvoller Lust,
Dergleichen auch Horaz und andre mehr genossen,
Die in sich selbst das Thor der Warheit aufgeschlossen,
Der Dinge Grund durchforscht, Geschicht und Zeit durchrannt,
Viel Thorheit übersehn, der Liebe Werth erkannt,
Und was sie wohl geprüft, und was sie selbst gefühlet,
In netter Sprach und Art der Nachwelt vorgespielet.
Diß ist allein der Grund, warum ich so viel Zeit
Und Wachen und Geduld der Poesie geweiht;
Nicht, daß ich mir dadurch das Brodt erfiedeln wollte,
Nein! sondern daß sie mich zur Weißheit führen sollte:
Und zwar durch so ein Gleis, das angenehmer blüht,
Als jene rauhe Bahn, worauf der Stagirit,
Und Helmont und Renat es um den Vorrang wagen,
Wie Weiber, welche sich bey Leichen Beulen schlagen.
Sie thuts, und führt mich auch, so daß mein stiller Geist
Den herrlichsten Geschmack der Weisheitsfrüchte speist,
Die Maro und Homer in göldnen Schalen bringen,
Und mit Verstand und Kunst in kluge Fabeln zwingen.
Allein erweg ich auch den mürrischen Verdruß,
Worunter ich den Vers recht mühsam schmieden muß,
So fehlt wohl oft nicht viel, ich macht' es wie die Bräute,
Und schmisse Kranz und Lust auf einmahl nach der Seite.
Was kostets nicht vor Schweiß, vor Unruh, vor Geduld,
Bevor uns die Natur den Einfluß ihrer Huld
In Geist und Feder senkt? Was hat man nicht zu lecken,
Wenn unsre Clarien nur Misgeburten hecken?
Man lauret, sitzt und sinnt, verändert, schreibt, durchstreicht,
Schmeißt Sylb und Reim herum, versetzt, verwirft, vergleicht,
Eh Wörter und Begriff so wahr als zierlich passen,
Und in des Lesers Ohr ein gründlich Etwas lassen;
Doch wenn es unser Fleiß auch noch so schön gemeynt,
Und nachmals vor der Welt mit Sorg und Furcht erscheint,
So wird er oft so kahl und obenhin gelesen,
Als wär es ein Gebet von Habermann gewesen.
Kein Blick erreicht den Geist der in Gedanken lebt;
Kein Mund entdeckt die Kraft, womit das Beywort strebt;
Und niemand kennt noch schätzt die Ordnung im Verbinden,
Da hundert gegentheils noch tausend Splitter finden.
Was hört' ich manchmal nicht vor Thorheit oder Neid,
Wenn ungefähr mein Kiel ein Tagewerk verstreut?
Da kriegt das Maul zu thun, da schwatzt ein Tisch voll Richter,
Da schiert und foltert man den unbekannten Dichter;
Da heißts: Wer macht den Vers? ists Neukirch? ja, o schön!
Nein, nein! wer denn? kehr um! pfuy, laß den Bettel gehn!
Wie so? es klingt ja noch. Ich dachte, was mich bisse.
(Ja Günther denkt es auch; sinds ja nicht kalte Flüsse,
So ists gewiß der Wurm;) dem ist kein Titul recht,
Der schilt es ein Pasquill, der nennt den Ausputz schlecht,
Weil weder Bengals Gold, noch süß' noch seltne Sachen,
Noch Ambra, noch Saphir die Zeilen kostbar machen.
Bald flucht ein Schulmonarch und bald ein Heuchelchrist,
Weil hin und her ein Wort nicht orthodoxisch ist,
Da doch der blinde Tropf die Nase zopfen möchte,
Weil er und Rhodope auf mancher Wagenflechte = =
Ich hätt es bald gesagt = = Dort kommt ein Federheld,
Der Punct und Striche mißt, papierne Pfeile schnellt,
Und nichts als so viel weiß, das andre Leute wissen;
Der billt schon, da ich nur den Knüttel blind geschmissen.
Erst gestern fragt ich noch den kleinen Finger aus,
Der prophezeyht mir wohl, und nennt ein = = Haus,
In dem das kluge Volk um Florens Wochenbette,
Hier hört man rechtes Zeug, mein Lied gemustert hätte.
Da hat der Fingerhut mit dem mein Reim gespielt,
Der naseweisen Zunft das Müthgen abgekühlt,
Und diß mein Blat voll Scherz so wohl mit geilen Glossen,
Als Gall- und Wermuthssaft und Hasenfett begossen.
Gut! spielt die Rolle durch; die Zeiten ändern sich;
Wer weiß, wie lang es währt, so kommt die Reih an mich.
Doch liebt ihr Scham und Ruhm, so zieht mich nicht zu Felde,
Sonst mach ich euch so kahl, als wie die Frau von Schelde
Indessen weiter dran! jetzt folgt der andre Groll,
Daß Phöbus endlich gar zum Narren werden soll.
Denn alle, wie man hört, verachten rechte Gaben,
Und wollen schlechterdings nur Lustigmacher haben.
Auch Leute, derer Amt und Bart und Stand und Zeit
Des Wohlstands Ernst begehrt, verstellen Gang und Kleid,
Und Sitten, Red' und Kopf mit abgeschmackten Dingen,
Verscherzen die Vernunft, und fangen an zu springen,
Und jauchzen überlaut, wenn irgend eine Schrift
Die ihrer Weichligkeit gemässe Zote trifft,
Und werden vor Begier fast aus sich selbst getrieben,
So bald ein grober Kautz ein Quodlibet geschrieben.
O lächerliche Zeit! dein Bild verdient den Brand!
O nimm vor Sens' und Ring zwey Pritschen in die Hand,
Sechs Schellen auf den Kopf, den Fuchsschwanz statt der Flügel!
So zeigst du, was du bist, den andern Eulenspiegel.
Der Unruh wird noch mehr, wenn Wieg und Namensfest,
Und Braut und Meisterschmauß mein Pferd besprechen läßt;
Da muß der müde Gaul, o fräßen ihn die Raben!
Vor sechzehn Groschen flugs von hier nach Moscau traben.
Und gleichwohl könnt er leicht der Welt zu Dienste stehn,
Erlaubt ihm nur das Volk, auf eigner Bahn zu gehn:
So aber sucht man ihm die Wege vorzuschreiben.
Dem soll ich Rolands Stamm in einem Vierzling treiben;
Der fodert auf ein Blat den ganzen Dichterkram,
Und ist fast wie Hannß Tumm, der dort zum Pinsel kam,
Und bat, er möcht ihm doch vor billiges Bezahlen
Den grossen Goliath auf einen Dreyer mahlen.
Was? fieng der Künstler an, mein Freund, ihr schwärmt: o nein!
Nein! lieber Herr, im Ernst. Der Raum ist ja so klein.
Was thut es? sprach der Narr, hier braucht es kein Bedenken,
Das Bildniß mag zur Noth den Fuß herüber henken.
Dem soll ich den Papa in jede Strophe thun;
Der bettelt, geht und kommt, und kann vor Angst nicht ruhn,
Bis daß ich Flavien erbärmlich vorgeleyret,
Wie, da sie gestern spät das Sonntagszinn gescheuret,
Ihr aufgestreifter Arm die Schwanenhaut entblößt,
Und ihm dadurch die Milch der Hoffnung eingeflößt,
Daher in seiner Brust ein neuer Aetna brennte,
Dem selbst ihr Schüsselfaß die Glut nicht löschen könnte.
Diß, was am ärgsten schmerzt, und Groll und Biß erregt,
Ist, daß der Helicon so manchen Gänsrich trägt,
Und Bauren, Magd und Knecht auch Lobgedichte kriegen,
Die jetzt in deutscher Luft mit so viel Haufen fliegen,
Als Floro Predigten, Neran Recepte stiehlt,
Als Amiantens Frau auf einen Satz verspielt,
Als Künste betteln gehn, als Knaster täglich rauchet,
Und Salvo durch ein Jahr geborgte Handschuh brauchet.
Gebt Pflastertreter ab, und stoßt an jeden Stein,
Es springt ein Thier heraus, das will ein Dichter seyn:
Der kommt und reckt den Steiß, vergafft sich in sich selber,
Verdreht so Aug als Fuß, wie abgestochne Kälber,
Trägt Hut und Busem voll, ertappt mich hier und dar,
Und liest mir (Himmel hilff! jetzt hat mein Ohr Gefahr!)
Ein krankes Carmen vor, und schilt bey jeder Zeile,
Und räuspert, bis ich ihr ein falsches Lob ertheile;
Ey sprech ich! ey das klingt! ja, denk ich hinten um!
Der Herr verschaffe sich ein Privilegium,
Und laß als Erzpoet sein Bild in Kupfer stechen;
Die Trödler werden ihm den reichsten Lohn versprechen;
Und wär es auch nicht mehr, so ist es Heringsbrüh,
Damit der Hunger nicht der Welt ein Licht entzieh,
Und so ein Musenkind, ein Bastart, wollt ich sagen,
Nicht stets gezwungen sey ein magres Kinn zu tragen.
Der Misbrauch wütet scharf, und macht uns so veracht,
Daß Jungfer, Zof und Troß mit steifen Fingern lacht,
Daß wilder Rittersporn den edlen Lorbeer hindert,
Und nirgends ein August der Musen Elend mindert.
Bisweilen findet sich ein dicker Mäcenat.
Allein wodurch? warum? ein niederträchtig Blat
Bestürmt sein Felsenherz mit ungerechtem Schmeicheln,
Als sucht es Gott und ihm den Himmel abzuheucheln.
Diß Volk vergiebt um Brot Unsterblichkeit und Ruhm,
Setzt Af= und Hasenfleisch in Famens Heiligthum,
Macht Schneider grob und stolz, schilt Thürmer hochgebohren
Und schlägt, wie Padua, oft Esel zu Docthoren.
Kommt dann und wann ein Kiel, der frey heraus bekennt,
Den Plason einen Filz, Dorinden kröpfig nennt,
Der Laster Uebermuth im Reim und Scherz erzählet;
Sich selber nicht verschont, und blos die Bosheit quälet:
So bricht der tolle Schwarm mit Schwert und Feuer los,
Wie wenn ein Wespennest den angebrachten Stoß
Durch schnellen Ausfall rächt, und viel gereizte Scharen
Mit Stacheln, Gift und Zorn der Hand entgegen fahren.
Man spuckt und macht ein Kreuz, und sieht, und weist ihm nach;
Man warnt die ganze Stadt vor selbst erlittner Schmach;
Und meidet ihn so sehr, als Mops den schlauen Prügel,
Vannin das Gotteshaus, und Lorchens Zahn den Spiegel.
Die Asche glimmt wohl noch, worein der Eyferherd
Des albern Chörilus mein neulich Blatt verkehrt;
Warum? o fragt nicht erst! er wollte seine Flecken,
Die ziemlich kennbar sind, im Rauch und Dampf verstecken.
Diß that er, und gar klug; denn wär ein Fall geschehn,
Daß Mägdchen, sinnt nur nach, das Ehrenlied gesehn:
So konnt er bey sich selbst schon zum Voraus gedenken,
Sie würden ihn darauf den Korb voll Spitzen schenken.
Doch er ists nicht allein, von welchem dein Gedicht
Ein feurig Urtheil kriegt. Wer fremde Beulen sticht,
Dem wird zur Dankbarkeit der Schleim ins Antlitz sprützen.
Wer weiß, wie viel nicht schon bey diesen Blättern schwitzen,
Und heimlich Zeter schreyn. Dem Donner zu entgehn,
Und so viel Aergerniß nicht länger auszustehn,
Entlief ich, wie gesagt, mit angefochtner Ehre
Und halb verbrannter Haut dem Phöbus aus der Lehre.
Das thät ich, und gewiß; jedoch da mancher Freund
Noch unpartheyisch liest, und lobenswürdig scheint:
So laß ich, weil ich kann, die heisre Flöthe schallen,
Den Tadlern zum Verdruß, der Warheit zu Gefallen.
Was Warheit? schreyt Markolph, die ist der Dichter Scham!
Markolph, o schweig doch nur, und wirf mir nicht in Kram
Und frag ein andermal! Du Blume deutscher Jugend,
Du Kind Uraniens, und Sohn der weisen Tugend,
Gelehrt und kluger Gorn! dein Beyspiel nährt den Trieb,
Und jetzo hab ich erst die Musen noch so lieb,
Nachdem ich glücklich bin, vor dich ein Lied zu setzen,
Vor dich, den Philuris mit theuren Weisheitschätzen
Berühmt nach Hause schickt; vor dich, vor einen Geist,
Den Himmel und Natur mit reicher Güte speist,
Und dessen durch den Fleiß erworbne Vorzugsgaben
Des Feuers Eigenschaft in Steig und Wachsen haben.
Ich binde hier kein Lob aus blöder Schwachheit ein:
Wer Weisen kennen soll, muß selbst ein Weiser seyn,
Und mehr als ich verstehn; ich, der ich blos von ferne
Der Wissenschaften Preiß in Demuth küssen lerne,
Und in der Niedrigkeit bey oft versagter Ruh
Im Dunkeln einen Blick nach jenem Lichte thu,
Das grossen Seelen scheint, und deren Herz verkläret,
Thu nichts, als was die Pflicht allhier von mir begehret.
Versichert, edler Freund! ich schliessße, merk und weiß
In etwas dein Verdienst, dein Einsehn, deinen Fleiß
Und ungeschminkten Ruhm, und breit ihn durch dein Schweigen
Bey rechten Kennern aus; Du magst dich selber zeigen.
Du thust und wirst es thun. Ein Arzt, den Weißheit küßt,
Kriegt, wo der runde Spruch des Alten richtig ist,
Der Götter Ebenbild. Ich will nicht weiter schlüssen:
Die Welt versteht mich schon. Es mag den Neid verdrüssen,
Es schadet dir so viel, als Mogul unsrer Stadt,
Verfolgung der Geduld, ein Sturm dem Ararat,
Und Thorheit der Vernunft. Du nimmst von Miditrinen
Den hohen Purpurhut, und siehst von ihren Bühnen
Dem tiefen Pöbel zu, der mit den Schatten spielt,
Geheime Wunder leugt, auf Testamente zielt,
Ohn Unterscheid und Schluß viel fremde Mittel häufet,
Und nur vielleicht darum den Puls so oft begreifet,
Damit der Diamant (wie ist ein Mann so toll!)
Des grossen Doctorrings ins Auge fallen soll.
Wie etwan Crösus prahlt, dem, wenn er Beichte sitzet,
Die ausgestreckte Faust vor güldner Andacht blitzet.
Du hast das gröbste weg. Jetzt ist die Arbeit Lust
Jetzt steigst du sonder Müh, jetzt kannst du, wie du mußt,
Des armen Nächsten Heyl, des Höchsten Ehre breiten,
Und deiner Vaterstadt ein ewig Lob bereiten.
O wohlgerathner Sohn! o welches Jubelchor!
O welcher Segensgruß steht deiner Ankunft vor,
Nach welcher Jeder brennt. Was wird der Vater machen?
Es ist, als säh ich ihn durch Freudenthränen lachen.
Wie brünstig wird das Herz der frommen Mutter glühn,
Und dieses, was dir einst den ersten Trunk verliehn,
Vor Regung reiner Lust dir in den Armen springen,
Die um den treuen Hals mit Lieb und Ehrfurcht ringen!
So mancher naher Freund und schöne Schwägerinn
Wirft Arbeit, Bücher, Gram und Zwirn und Rocken hin,
Und kommt. O eile doch der Zärtligkeit entgegen!
Morbona fürchtet schon dein glückliches Vermögen;
Der Schlag erstarrt vor Furcht, das Schrecken bleicht den Tod,
Die Rose wird vor Scham, der Brand vor Schande roth,
Ja gar vor Eifer schwarz; die kalten Fieber zittern,
Nachdem sie jetzt an dir den stärksten Gegner wittern.
So zeige deinen Mann; doch glaub und denke nicht,
Es sey damit genug; Du hast noch eine Pflicht,
Die Rath und Vorsicht braucht. Du kannst sie leicht gedenken.
Dein Alter und dein Amt entzieht dich nun den Bänken
Der Junggesellenschaft. Zwar, wer wie Carno freyt,
Macht freylich, daß die Welt ein schimpflich Brautlied schreyt,
Und nachmals höhnisch fragt: wie lange noch der Knabe
Mit seiner lieben Braut den Bart zu suchen habe?
Du lachst; o lache nicht! ich zieh Erfahrung an,
Und schwöre, daß ich kaum das Wasser halten kann,
Wenn dort um jenen Berg der Schnee im Sommer heget,
Ein neunzehnjährig Kind schon zwanzig Hörner träget.
Allein ein jedes Ding hat Zeit und Art und Stand.
Und du, gelehrter Freund! bedarfst bereits ein Band
Vergnügter Sclaverey, dein Glücke mehr zu fassen,
Und manch verschämtes Herz nicht aus der Kur zu lassen.
Denn hat der Arzt kein Weib, so gilt er kaum noch halb,
Die Amtfrau schlachtet ihm kein fettes Küchenkalb,
Er kriegt vom Monde nichts, auch nichts vom Kindelsode;
Viel Jungfern schweigen sich noch lieber gar zu Tode,
Eh Zucht und Keuschheit ihm den bösen Bauch vertraut;
Ja wenn der jungen Frau am frühen Tage graut,
So fragt sie ihn nicht drum, als wenn man auch nicht wüßte,
Daß der, die spät gestopft, des Morgens ekeln müßte.
Versorge dich nur wohl, und laß den Frühlingschein
Der Jugend, die dich schminkt, kein faules Brachfeld seyn!
Wer weiß, wie viel dir schon mit süssem Wunsche warten?
Wer weiß, wie manche Schar Stern, Stechbuch, Spiel und Karten
Und Weyhnachtnüsse fragt: vor welches schöne Kind
Die Blumen deiner Gunst hinfort gewidmet sind!
Der Vorwitz plagt mich selbst, den Engel bald zu kennen:
Denn nichts gemeines wird in deiner Flamme brennen.
Ihr Sonnen Schlesiens! ihr, die ihr dort naus stralt,
Wo Tag und Morgenröth die Riesenhügel mahlt,
Und Zacken, Weistritz, Loh und Ohl und Oder rauschen:
Ihr, die ihr fähig seyd den Busen zu vertauschen,
Und Witz in Schönheit mengt, empfangt mir diesen Freund,
Mit allem, was galant und hoch und redlich scheint!
Ergetzt ihn unter euch mit Blumen, Kuß und Scherzen,
Und werft ihn bald mit Schnee, und werft ihn bald mit Herzen!
Drückt, kneipt und bindet ihn, und laßt ihn ja nicht loß,
Und tragt ihn mit Gewalt der Besten in den Schoß!
Ihr sollt gewiß davor vom Phöbus Dank verdienen,
Und eure Schönheit wird in unsern Liedern grünen,
So lang ein Adler blitzt, der unter Gnad und Wacht
Ein neu Arcadien aus euren Gränzen macht,
Und täglich sich bemüht, auch mitten unter Waffen
Der Liebe Sicherheit, den Künsten Brot zu schaffen.
Geneuß, gelehrter Gorn! des Vaterlandes Ruh
Und deiner Wissenschaft, und eil auf Jauer zu.
Und nimm den Segen mit! doch laß mich allzeit glauben,
Es könne mir kein Fall die edle Freundschaft rauben,
Womit mich dein Verstand geliebt und oft geschützt;
Ich werde, wenn nunmehr dein Brautkleid feste sitzt,
Dem muntern Pegasus, so sehr ihn Stümper hassen,
Mit größrer Zärtlichkeit den Zügel schiessen lassen.
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