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Lukian: Wahre Geschichten

TYCHIADES […] Indes sind die Fabeln der Dichter vielleicht noch maßvoll, daß aber bereits Staaten und viele Völker öffentlich und von Staates wegen lügen, wie wäre das nicht lächerlich? Wenn die Kreter sich nicht schämen, das Grab des Zeus zu zeigen, die Athener sagen, Erichthonios sei aus der Erde emporgewachsen und die ersten Menschen seien aus Attika aufgeschossen wie das Gemüse, […] Wer nun das, was doch lächerlich ist, nicht für wahr hält, sondern bei vernünftiger Prüfung meint, einem Koroibos oder Margites komme es zu, sich einreden zu lassen, Triptolemos sei auf einem geflügelten Drachengespann durch die Luft gefahren oder Pan von Arkadien als Bundesgenosse nach Marathon gekommen oder Oreithyia von Boreas geraubt worden, der ist in ihren Augen ein gottloser Tor, weil er so augenscheinlich wahre Dinge nicht glaubt; so groß ist die Macht der Lüge.

PHILOKLES Aber den Dichtern und den Staaten, Tychiades, könnte man verzeihen, den einen, wenn sie den im Mythos liegenden Reiz, der besonders anziehend ist – was sie ihren Zuhörern gegenüber brauchen –, in ihre Schriftstellerei einmengen, den Athenern aber, den Thebanern und anderen, weil sie durch derartige Erzählungen ihre Heimat ehrwürdiger erscheinen lassen wollen. Denn wollte jemand Griechenland um diese Fabeln bringen, so müßten ihre Fremdenführer ohne weiteres verhungern, da die Fremden nicht einmal gratis die Wahrheit zu hören wünschen würden. Die aber, die aus keinem derartigen Anlaß gleichwohl ihre Freude an der Lüge haben, sie dürften einem mit Recht ganz lächerlich vorkommen.

 


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