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Laurence Sterne: Briefe und Dokumente

  An Robert Dodsley

 

York, 23. Mai 1759

 

     Sehr geehrter Herr,

     mit diesem Brief erhalten Sie "Das Leben und die Meinungen des Tristram Shandy", die ich Ihnen zuerst anbieten möchte und die ich im Vertrauen auf Ihren guten Charakter  und die sehr schöne Empfehlung Mr. Hinxmans in Ihre Hände lege. Der Plan ist, wie Sie feststellen werden, sehr weit gespannt, denn er umfaßt nicht nur die schwachen Seiten der Wissenschaften, welche die eigentliche Zielscheibe des Spotts sind, sondern auch alle anderen belachenswerten Dinge, die auf meinem Weg liegen.

     Wenn dieser erste Band gut geht (was alle Kritiker, die unser Breitengrad hervorgebracht hat, als sicher annehmen), werden wir beide dabei auf unsere Kosten kommen. Das Buch wird ein Geschäft; was es sonst noch für Verdienste hat, das zu denken oder zu sagen steht mir nicht an, und auf jeden Fall sind Sie ein weit besserer Richter - doch die Welt wird uns beide nach unserem Wert einschätzen.

     Wenn Sie das Buch jetzt veröffentlichen, wird ein zweiter Band zu Weihnachten oder im November fertig sein - den Grund für diese Pause werden Sie am besten erkennen, wenn Sie das Buch lesen ...

     Seien Sie bitte so gut, mir einen Brief zu schreiben, wenn Sie das Manuskript erhalten haben, und teilen Sie mir mit, was es Ihnen wert ist. Doch am einfachsten wird es sein, wenn ich Ihnen sage, was es mir wert zu sein scheint - nämlich, so hoffe ich, fünfzig Pfund.

     Ich verbleibe, sehr geehrter Herr,

       mit großer Hochachtung vor Ihrem Charakter

         Ihr gehorsamster und untertänigster Diener

                                      Laurence Sterne

 


An Robert Dodsley

 

[York, Oktober 1759]

 

     Sehr geehrter Herr,

     was Sie mir im Juni dieses Jahres als Antwort auf meine Forderung von 50 Pfund für "Das Leben und die Meinungen des Tristram Shandy" schrieben, nämlich daß das Risiko zu groß sei für einen einzelnen Band, der, falls er zufällig nicht gut ginge, Ihren Bruder sehr belasten würde, halte ich für einen durchaus vernünftigen Einwand seinerseits gegen einen Preis, von dem ich glaube, daß er meinem Werk angemessen ist. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie sehr Schriftsteller dazu neigen, ihre Erzeugnisse zu überschätzen - was mich betrifft, so hoffe ich keine Ausnahme zu sein -, doch selbst wenn ich durch irgendein Zaubermittel den genauen Wert meines Werkes feststellen könnte, ich erkläre mich bereit, es Mr. Dodsley für 20 Prozent unter seinem Wert zu überlassen.

     Ich schlage deshalb vor, auf meine Kosten eine schmale Ausgabe in zwei kleinen Bänden zu drucken, Im Format des Rasselas und auf dem gleichen Papier und mit der gleichen Schrift, nur damit ich den Puls der Welt fühlen und nach der Aufnahme der ersten Bände ermitteln kann, welchen Preis ich für die weiteren fordern soll. Wenn mein Buch gut geht und den Anklang findet, den unsere Kritiker erwarten, bin ich erbötig, in Zukunft keine derartigen Umstände mehr zu machen und mit Ihnen wegen der folgenden Bände jeweils dann zu verhandeln, wenn sie erscheinen, das heißt alle sechs Monate. Wenn mein Buch ein Mißerfolg sein sollte, so trägt derjenige den Verlust, dem er gebührt. Derselbe Grund, der mich von Anfang an dazu bewog, Ihnen diese Lappalie anzubieten, bewegt mich auch, den gesamten Verkaufserlös Ihnen zu überlassen (abgesehen von den Exemplaren, die Mr. Hinxman hier verkauft, was nicht wenig sein wird) und Ihnen zuzugestehen, das Werk ausschließlich in Ihrem Laden zu verkaufen, und zwar zu den üblichen Bedingungen. Das Buch soll hier gedruckt und der Satz Ihnen zugeschickt werden; da ich in York wohne und alle Korrekturen selbst lesen werde, wird das Buch ganz makellos in die Welt hinausgehen und hinsichtlich des Papiers, des Drucks tec. auf so anständige Weise hergestellt werden können, daß es Ihnen, der Sie, wie ich weiß, nie ein Buch schlecht drucken, keine Schande macht. Wollen Sie unter diesen Bedingungen mein Buch in Ihre Obhut nehmen und es genauso freundschaftlich behandeln, als ob Sie die Verlagsrechte gekauft hätten?

     Seien Sie so gütig, mir mit ein paar Zeilen zu antworten.

Ich verbleibe,

         sehr geehrter Herr,

           Ihr ergebener und untertänigster Diener

                                      Laurence Sterne

 

PS. Alle lokalen Anspielungen habe ich aus dem Buch entfernt, die Satire ist allgemein; Anmerkungen wurden dort, wo sie notwendig sind, hinzugefügt, und das Ganze wurde leichter verkäuflich gemacht - ungefähr 150 Seiten sind hinzugekommen - und schließlich regte und regt sich zugunsten des Buches ein starkes Interesse, das hoffentlich dafür sorgen wird, daß die wenigen Exemplare, die ich in diesem coup d'essai drucken will, bald vergriffen sein werden. Ich habe Mr. Hinxman gebeten, Ihnen den Inhalt dieses Schreibens mit gleicher Post mitzuteilen, aber da er es vielleicht vergessen oder meine Absichten nicht deutlich genug erklären könnte, hielt ich es für das beste, Sie selbst mit einem Brief zu behelligen.

     Richten Sie Ihre Antwort an den Pfarrer von York.

 


Anlage zu einem Brief an Catherine Fourmantel, den diese abschreiben und unter ihrem Namen an David Garrick schicken sollte

 

York, 1. Januar [1760]

 

     Sehr geehrter Herr,

     Sie werden sich sicherlich wundern, von mir einen Brief zu erhalten, und das Thema desselben wird Sie noch mehr überraschen, denn es geht mir darum, Ihnen etwas über Bücher zu berichten.

     Hier sind gerade zwei Bände herausgekommen, die großes Aufsehen erregt und gewaltigen Absatz gefunden haben, denn zwei Tage nach dem Erscheinen hatte der Buchhändler bereits 200 Exemplare verkauft, und er verkauft auch weiterhin sehr gut. Es ist das Buch "Das Leben und die Meinungen des Tristram Shandy", das der Verfasser - wie er mir gestern abend in unserem Konzert erzählte - auch nach London geschickt hat; so haben Sie es vielleicht schon gesehen. Wenn nicht, dann beschaffen Sie es sich bitte, und lesen Sie es, denn es ist ein geistreiches, witziges Buch von großer Eigenart, und wenn Sie gleichfalls dieser Meinung sind, dann würde Ihre Empfehlung in London dem Verfasser sicherlich sehr zum Vorteil gereichen. Sie müssen wissen, er ist mein liebenswerter und großmütiger Freund, den mir die Vorsehung in diesen Teil der Welt, in den ich als Fremde kam, gesandt hat, und ich glaube, daß ich ihm nicht besser danken kann als durch den Versuch, Sie mit ihm und seinem Werk freundschaftlich zu verbinden. Das ist meine alleinige Entschuldigung für die Freiheit, die ich mir herausnehme und die Sie mir hoffentlich verzeihen werden. Er heißt Sterne, ist ein Herr von Rang und Pfarrer an der Kirche von York, und er genießt in dieser Gegend großes Ansehen als gelehrter und geistreicher Mann; die ernsthafteren Leute sagen allerdings, daß es sich für junge Damen nicht schickte, sein Buch zu lesen - deshalb halten Sie es vielleicht nicht für schicklich, wenn eine junge Dame es empfiehlt -, jedoch der Adel und die großen Leute treten mächtig für es ein und sagen, es sei ein gutes Buch, wenn auch an manchen Stellen ein wenig seicht.

     Ich bin, sehr geehrter Herr,

          Ihre gehorsamste Dienerin -

 


An David Garrick

 

York, 27. Januar 1760

 

     Sehr geehrter Herr,

     als ich mir das Vergnügen machte, Ihnen die beiden ersten Bände zu schicken, hatte ich die starke Neigung, einen Brief an Sie beizufügen. Zweimal habe ich die Feder in die Hand genommen - zum Henker! - ich werde einen gemeinen Schmeichelbrief schreiben, um Mr. Garrick zu bitten, ein gutes Wort für mein Buch einzulegen, ob das Buch es nun verdient oder nicht - nein, ich tue es nicht - eher soll das Buch zum Teufel gehen! Aber nachdem ich gestern von Dr. Goddard erfahren habe, daß Sie sich tatsächlich positiv über mein Buch geäußert haben, sind diese Skrupel beseitigt, und es steht mir frei, den Gefühlen der Dankbarkeit (und vielleicht der Eitelkeit) zu folgen und Ihnen, sehr geehrter Herr, für die große Gunst und Ehre, die Sie mir durch Ihr gutes Wort erwiesen haben, meinen herzlichen Dank abzustatten. Ich weiß nicht (doch das ist eine abscheuliche Lüge, denn ich weiß es sehr wohl), wieso mir Ihre Zustimmung erwünschter war als die irgendeines andern Menschen - allerdings hatte ich ursprünglich die Absicht, das Buch Ihnen zu schicken und Ihre Kritik zu erfahren, noch bevor es gedruckt wurde. Es ist anders gekommen, und das Buch ist nun so heiß, wie es mein Gehirn verlassen hat, und ohne eine einzige Korrektur in die Welt hinausgegangen - es ist jedoch ein Bild meiner selbst, und insofern kann es um so eher den Anspruch erheben, ein Original zu sein.

     Bisweilen spiele ich mit dem Gedanken, aus diesen beiden Bänden und aus dem Stoff des 3. und 4. Bandes, die noch dramatischer sein werden, eine cervantische Komödie zu machen - doch ebensooft zweifle ich an dem Erfolg, außer an den Universitäten.

     Ein halbes Wort der Ermunterung würde genügen, mich zu bewegen, irgend etwas für die Bühne zu entwerfen und hervorzubringen (wie gut oder wie schlecht, ist eine andere Geschichte).

     Ich bin,

          sehr geehrter Herr,

mit der aufrichtigsten Hochachtung für Ihre große Begabung

     Ihr ergebenster und untertänigster Diener

               Laurence Sterne

 

 


An Richard Berenger

 

[London, 8. März 1760]

 

     Mein lieber Berenger,

     Sie bitten mich, Ihnen alle meine Wünsche zu nennen. - Was, beim Teufel in der Hölle, kann der Kerl wohl gerade jetzt wünschen? - Beim Vater der Wissenschaften (Sie kennen seinen Namen), ich würde meine beiden Ohren hergeben (sofern ich dadurch nicht an Ansehen verlöre), wenn Hogarths geistreicher Stichel nur zehn Striche zöge, die man auf die Titelseite meiner nächsten Ausgabe des Shandy setzen könnte!

     Die Eitelkeit eines hübschen Mädchens in der Blütezeit ihrer Rosen und Lilien ist lächerlich klein im Vergleich zu der eines Schriftstellers meines Schlages. Swift hat oft Pope folgende Worte vorgeseufzt: "Orna me, vereinigen Sie einige von Ihren Gaben mit den meinigen, damit wir Hand in Hand gemeinsam in die Unsterblichkeit eingehen." - Die flüchtigste Skizze von der Welt, die etwa Trim darstellt, wie er meinem Vater etc. die Predigt vorliest, würde diesen Zweck erfüllen und zugleich seine und meine Darstellungsweise veranschaulichen. - Aber, mein lieber Shandy, mit welchem Gesicht würde ich meinen mageren Geldbeutel hinhalten! Ich würde meine Augen schließen, und man könnte die Hand hineinstecken und sich das herausnehmen, was man dafür haben wollte. Ignoramus! Narr! Dummkopf! Simonist! Dieser Gunstbeweis läßt sich nicht mit Gold erkaufen - geh zum Teufel, und dein Geld mit dir!

     Was sollen wir also machen? Mit meinem Gesicht kann ich unmöglich um eine Gunst bitten, und außerdem könnte ich nicht einem Mann, den ich so überaus bewundere, eine unangenehme Scahe vorschlagen; aber Sie können alles sagen - Sie sind ein unverschämter, ehrlicher Hund und können gute Miene zum bösen Spiel machen. Bitte, eilen Sie nach Leicester Fields, und wenn Sie an die Tür geklopft haben (denn Sie müssen zuerst anklopfen) und eingetreten sind, fangen Sie folgendermaßen an: "Mr. Hogarth, ich bin heute morgen bei meinem Freund Shandy gewesen ..." und dann fahren Sie auf Ihre eigene Weise fort, wie ich es auf meine Weise tun werde.

     Ich schätze Sie hoch und bin, mein verehrter Mentor, Ihr sehr shandymäßiger

L. Sterne

 


An William Pitt

 

Freitag [28. März 1760]

 

     Sehr verehrter Herr,

     obwohl ich nicht befürchte, daß die beiliegende Widmung Sie beleidigen könnte, hielt ich es doch für meine Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß Sie sie sehen, bevor ich mir um die Ehre zu bitten erlaube, sie Ihnen in der nächsten Woche zusammen mit dem Leben und den Meinungen des Tristram Shandy zuzueignen.

     Ich bin, sehr verehrter Herr,

          Ihr untertänigster Diener

               Lau. Sterne

 


An David Garrick

 

[...] Ich habe einen lukrativen Winterfeldzug hinter mir - der Shandy verkauft sich gut - ich lade dem Publikum noch zwei weitere Bände mit Predigten auf, die die Erträge des Shandy mehr als verdoppeln werden. Die Bände gehen mit einer stolzen Liste de toute la noblesse in die Welt hinaus, die mir dreihundert Pfund einbringen wird, abgesehen vom Verkauf der Auflage, so daß ich trotz aller Verachtung des Geldes, die mir ma facon de penser jemals eingeprägt hat, wider Willen reich sein werde; doch Sie müssen wissen, daß ich es in dem hochmütigen ton, den ich mir gegenwärtig zu eigen gemacht habe, verabscheue, all diesen Plunder einzustecken. [...]

 


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