[Bücherschreiben] ist ein solches Gewerbe, worin jeder den Nutzen so sehr auf seine Seite zu ziehen sucht, als es nur möglich ist.
(Friedrich Nicolai)
Alle Handlungen [... sind] als ökonomische, auf die Maximierung materiellen oder symbolischen Gewinns ausgerichtete Handlungen zu begreifen.
(Pierre Bourdieu)
Hierfür ist es erforderlich, dass man ein Feld strategischer Möglichkeiten definieren könnte.
(Michel Foucault)
von Michael Buchmann
Zwischen Kultur und Kommerz
Der Gegenstand der Literaturbetriebsforschung und dieses Portals bestimmt sich durch das Spannungsfeld zwischen Kultur und Kommerz, zwischen Literatur und Betrieb. Literatur lässt sich nicht auf
ihren ökonomischen (Tausch-)Wert reduzieren, umgekehrt aber auch nicht auf ihren ästhetischen und rein diskursiven. Buchhandels-, Verlagswesen, Literaturvereine ebenso wie Literaturagenturen und
Literaturkritik versuchen sowohl dem ästhetischen und kulturellen Anspruch ihres Gegenstandes gerecht zu werden, zugleich aber mittels dieses Gegenstandes ökonomisch vertretbar zu handeln.
Gegenstand sind also einmal alle Wirtschaftszweige und Institutionen, die mit Literatur handeln, aber auch und vor allem die Auswirkungen dieses Handels auf die Beschaffenheit der Texte selbst
(zur genaueren Begriffsbestimmung siehe Gegenstand Literaturbetrieb).
Zwischen Wissen und Schaffen
Die Methoden der Annäherung an diesen Gegenstand tragen dieser Zweiseitigkeit Rechnung. Neben spezifisch geisteswissenschaftlichen Methoden, wie denen der Literatursoziologie und
Rezeptionsästhetik usw. sind fundierte empirische Kenntnisse über die konkreten Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Branchen auch zum Verständnis der Texte selbst unabdingbar (siehe dazu die
Rubrik Berufspraxis). Nicht nur zeitgenössische Texte, auch die durch die Literaturgeschichtsschreibung kanonisierten können adäquat nur vor dem Hintergrund
ihrer jeweiligen Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen verstanden werden (siehe dazu die Rubrik Geschichte).
Trotz einiger Vorbehalte oder gar Nichtbeachtung von Seiten der Germanistik und trotz der Tatsache, dass sich außer der Literatursoziologie keine maßgebende Theorie, Methode oder Modell zum Ziel
gesetzt hat, wenn nicht den Literaturbetrieb selbst so doch den Einfluss des Literaturbetriebs auf literarische Texte zu erklären - trotz diesem allem ist es durchaus lohnend, einige historische
und aktuelle Methoden daraufhin zu analysieren, inwieweit sie sich für eben dieses Vorhaben anwenden oder abwandeln lassen.
Auswahlliteratur (weitere finden Sie hier)
- Arnold, Heinz L./Beilein, Matthias: Literaturbetrieb in Deutschland, 3. Aufl., München 2009.
- Becker, Eva D./Dehn, Manfred: Literarisches Leben. Auswahlverzeichnis von Literatur zum deutschsprachigen literarischen Leben von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis
zur Gegenwart, Hamburg 1968.
- Bloch, Peter André (Hg.): Gegenwartsliteratur. Mittel und Bedingungen ihrer Produktion. Eine Dokumentation über die literarisch-technischen und
verlegerisch-ökonomischen Voraussetzungen schriftstellerischer Arbeit, Bern/München 1975.
- Dörner, Andreas/Vogt, Ludgera: Literatur – Literaturbetrieb – Literatur als "System", in: Heinz Ludwig Arnold/Heinrich Detering (Hg.): Grundzüge der
Literaturwissenschaft, 2. Aufl., München 1997, S. 79-99.
- Grisold, Andrea: Wechselbeziehungen von Ökonomie und Massenmedien, in: Tasos Zembylas/Peter Tschmuck (Hg.): Kulturbetriebsforschung. Ansätze und Perspektiven der
Kulturbetriebslehre, Wiesbaden 2006, S. 139-158.
- Hofecker, Franz-Otto: Kulturbetriebslehre aus der Makroperspektive – Ausgangslage Kulturbetriebslehre, in: Tasos Zembylas/Peter Tschmuck (Hg.):
Kulturbetriebsforschung. Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden 2006, S. 175-180.
- Hömberg, Walter: Verlag, Buchhandel, Bibliothek, in: Helmut Brackert/Jörn Stückrath (Hg.): Literaturwissenschaft. Ein Grundkurs, 6. Aufl., Reinbek 2000, S. 392-406.
- Kirchberg, Volker: Kulturbetriebe aus neo-institutionalistischer Sicht. Zur Nutzung zeitgenössischer Organisationstheorien bei der Analyse des Kulturbetriebs, in:
Tasos Zembylas/Peter Tschmuck (Hg.): Kulturbetriebsforschung. Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden 2006, S. 99-116.
- Lorenz, Otto: Literarisches Leben, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Bd. 2, Berlin/New York 2000, S. 438-441.
- Neuhaus, Stefan: Literaturvermittlung, Wien 2009.
- Plachta, Bodo (Hg.): Literarische Zusammenarbeit, Tübingen 2001.
- Plachta, Bodo: Literaturbetrieb, Paderborn 2008.
- Porombka, Stephan: Literaturbetriebskunde. Zur „genetischen Kritik“ kollektiver Kreativität, in: Stephan Porombka/Wolfgang Schneider/Volker Wortmann (Hg.):
Kollektive Kreativität, Tübingen 2006, S. 72-87.
- Richter, Steffen: Der Literaturbetrieb. Eine Einführung. Texte – Märkte – Medien, Darmstadt 2011.
- Rieger, Stefan: Autorfunktion und Buchmarkt, in: Miltos Pechlivanos/Stefan Rieger/Wolfgang Struck/Michael Weitz (Hg.): Einführung in die Literaturwissenschaft,
Stuttgart/Weimar 1995, S. 147-163.
- Schnell, Ralf: Literarisches Leben, in: Ralf Schnell: Geschichte der deutschsprachigen Literatur seit 1945, 2., überarb. und erw. Aufl., Stuttgart/Weimar 2003, S.
1-60.
- Schütz, Erhard (Hg.): Das BuchMarktBuch. Der Literaturbetrieb in Grundbegriffen, Reinbek 2005.
- Shell, Marc: The Economy of Literature, Baltimore/London, second printing, 1979.
- Tietzel, Manfred: Literaturökonomik, Tübingen 1995.
- Zembylas, Tasos: Kulturbetriebslehre. Grundlagen einer Inter-Disziplin, Wiesbaden 2004.
- Zembylas, Tasos/Tschmuck, Peter: Einleitung: Kulturbetriebsforschung und ihre Grundlagen, in: Tasos Zembylas/Peter Tschmuck (Hg.): Kulturbetriebsforschung. Ansätze
und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden 2006, S. 7-14.
- Zembylas, Tasos/Tschmuck, Peter: Modelle sozialer (Un)Ordnung. Überlegungen zur Konstitution der Forschungsgegenstände der Kulturbetriebslehre, in: Tasos
Zembylas/Peter Tschmuck (Hg.): Kulturbetriebsforschung. Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden 2006, S. 17-45.
- Ziesel, Kurt: Die Literaturfabrik. Eine polemische Auseinandersetzung mit dem Literaturbetrieb im Deutschland von heute, Wien/Köln 1962.
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